Einleitung – Herausforderungen

Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen wie z. B. dem Klimawandel, dem Biodiversitätsrückgang, den erodierenden Böden und weiteren Umweltproblemen sowie hohen gesellschaftlichen Ansprüchen (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1 : Aktuelle Herausforderungen für die Landwirtschaft/den Agrarsektor Quelle: Torsten Kurth, Benjamin Subei, Paul Plötner, Felicitas Bünger, Max Havermeier und  Simon Krämer; Der Weg zu regenerativer Landwirtschaft in Deutschland und darüber hinaus; März 2023

Da sind Lösungen sehr gefragt. Und nach diesen Lösungen suchen nicht nur die Politik, die Wissenschaft und die Gesellschaft, sondern auch die Bäuerinnen und Bauern. Da bietet sich die Regenerative Landwirtschaft bzw. der Regenerative Ackerbau (im Weiteren ist unter dem Begriff Regenerative Landwirtschaft beides gemeint) als mögliche Lösung an. Anders gesagt: Das neu aufgeflammte Interesse an der – eigentlich schon lange bekannten – Regenerativen Landwirtschaft entspricht einfach dem Zeitgeist.

Zum Einen will die regenerative Landwirtschaft den Verlust an Biodiversität umkehren. Das zweite große Ziel ist die Wiederherstellung gesunder Böden. So beschreibt es eine Studie aus dem Jahr 2021 von Agronomen der Universität in Wageningen in den Niederlanden. Die Regenerative Landwirtschaft geht also auf Probleme ein, die, teils, aber nicht nur von der modernen Landwirtschaft verursacht sind, in der heutigen Gesellschaft stark gewichtet werden und bei denen nach Lösungen gesucht wird.

Was versteht man unter „Regenerativer Landwirtschaft“?

Begriffe wie «Humusaufbau», «Regenerative Landwirtschaft» oder «Regenerativer Ackerbau» sind seit geraumer Zeit ein Thema auf landwirtschaftlichen Tagungen und in der Fachpresse. In den letzten Jahren werden vermehrt Schulungsangebote zu den genannten Themen gemacht.

Doch was die Regenerative Landwirtschaft genau ist, ist schwierig zu greifen. Das Problem mit diesem Begriff ist, dass er nicht Input-orientiert ist wie die ökologische Landwirtschaft, wo reglementiert wird, was in das System „reinkommen“ darf, sondern Outcome-orientiert z.B. „die Bodenfruchtbarkeit soll gesteigert werden“. Mit welchen Methoden diese Ziele erreicht werden, bleibt dem Landwirt/der Landwirtin überlassen.

Somit stellt sich die Frage, was beinhaltet das Regenerieren, das Wiederherstellen des Bodens und der Biodiversität? Eine Spurensuche.

Der Begriff ist bisher nicht einheitlich definiert. In der Schrift „Der Weg zu Regenerativer Landwirtschaft in Deutschland und darüber hinaus“  heißt es: Wir definieren Regenerative Landwirtschaft als „einen anpassungsfähigen landwirtschaftlichen Ansatz, bei dem wissenschaftlich und praktisch erprobte fundierte Praktiken angewandt werden, die sich auf die Gesundheit des Bodens und der Kulturpflanzen konzentrieren und darauf abzielen, stabile Erträge und einen positiven Einfluss auf Kohlenstoff, Wasser und die biologische Vielfalt zu erzielen“.

Hmm, das ist vage und kann vieles bedeuten und inkludieren. Stellt sich die Frage, ob zum Verständnis, worum es bei der Regenerativen Landwirtschaft geht, ein Blick auf Aussagen wichtiger Player/Akteure auf diesem Gebiet hilft.

Bei der Suche nach einer Definition stößt man zum Beispiel auf diesen Satz der australischen Bodenökologin Christine Jones aus der Abteilung Landwirtschaft und Ernährung des Ministeriums für Grundstoffindustrie und regionale Entwicklung in Westaustralien: «Landwirtschaft ist regenerativ, wenn Böden, Wasserkreisläufe, Vegetation und Produktivität kontinuierlich besser werden».

Einer der Erfinder, der US-Amerikaner Robert Rodale, der das Konzept schon in den 1970ern in den USA entwickelt und populär gemacht hat, fasst seine Vorstellung zum Thema Regenerative Landwirtschaft in dem Slogan „Put the carbon back to soil“ zusammen. So richtig weiter hilft das hinsichtlich einer qualifizierten Definition aber auch nicht. Festzuhalten ist, dass die Regenerative Landwirtschaft auf einer Reihe von Prinzipien und Ansätzen beruht (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2 : Prinzipien der Regenerativen Landwirtschaft Quelle: Stefan Schwarzer; Verein aufbauende Landwirtschaft; Beitrag „Quo vadis  Regenerative Landwirtschaft“; Februar 2023

In der Regenerativen Landwirtschaft gilt also dem Boden bzw. der Bodenfruchtbarkeit ein besonderes Augenmerk. Denn der Boden bildet die Grundlage für sauberes Wasser, gesunde Nahrungsmittel und somit für die Gesundheit Pflanzen, Tieren und von Menschen.

Der zentrale Grundsatz ist dabei, durch den Aufbau von Humus die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern. Um dies zu erreichen, werden unterschiedliche Ansätze verfolgt. Dazu können zum Beispiel die pfluglose Bodenbearbeitung, die ständige Bodenbedeckung, die aerobe Kompostierung und der Einsatz von effektiven Mikroorganismen oder Komposttee gehören.

»Regenerative Landwirtschaft» (auch ›Carbon Farming‹) ist also ein Oberbegriff für Landnutzungsformen und landwirtschaftliche Techniken, deren Gemeinsamkeit darin besteht, geschädigte Böden zu regenerieren und gleichzeitig Nahrungsmittel, Futter, Rohstoffe und Energie zu liefern.

Den Kern z. B. des Regenerativen Ackerbaus bilden Maßnahmen zur Aktivierung und Stärkung des Bodenlebens und der Humusanreicherung. Ein wichtiger Aspekt dabei ist eine möglichst ganzjährige Begrünung des Ackers, die vor allem über Untersaaten in Hauptfrüchten wie Getreide, Mais oder Raps oder Zwischenfrüchten vor Sommerungen wie Kartoffeln, Leguminosen, Mais, Sonnenblumen und Zuckerrüben sichergestellt wird.

Die Zahl der Ansätze, wie Regenerative Landwirtschaft verstanden und umgesetzt wird, ist groß. Die Maßnahmen sind miteinander kombinierbar und können z. B. die pfluglose Bodenbearbeitung, Mulch- oder Direktsaat, die biologische Landwirtschaft, Agroforstsysteme, ein ganzheitlich geplantes Weidemanagement oder die Nutzung mehrjähriger Kulturpflanzen beinhalten. Allerdings sind nicht alle Praktiken für jedes Klima und jeden Boden gleichermaßen geeignet.

Auch in der Tierhaltung, beispielsweise in der Weidewirtschaft, lassen sich die Prinzipien der Regenerativen Landwirtschaft anwenden. Bei der sogenannten mobilen Weidehaltung zum Beispiel, werden Tiere regelmäßig auf neue Flächen umgetrieben. Das hilft dabei, Überweidung zu verhindern, fördert die natürliche Düngung und sorgt für eine gleichmäßigere Verteilung von Nährstoffen und Organismen im Boden und verringert teilweise auch noch den Krankheitsdruck durch boden- und wasserbürtige Erreger.

Ziele/Leitmotive der Regenerativen Landwirtschaft

Landwirte/Landwirtinnen sind sich ihrer Rolle bei der Umsetzung einer nachhaltigen Landwirtschaft bewusst. Sie wünschen sich von der Forschung Erfolgsfaktoren zur Lösung der folgenden Herausforderungen einer nachhaltigen/regenerativen Landwirtschaft:

  • Ein Wandel des Verbraucherverhaltens in Richtung bewusster Konsum und die Bereitschaft der Verbraucher, für nachhaltige Lebensmittel auch mehr zu zahlen.
  • Langfristige politische Maßnahmen, die es Landwirten ermöglichen, mit nachhaltiger Landwirtschaft Geld zu verdienen – also ein Anreizmodell anstelle des heute üblichen Nachteilsausgleichs z. B. für Naturschutz.
  • Eine echte Wertschätzung der Gesellschaft für die Leistungen der Landwirte/Landwirtinnen für eine nachhaltige Nahrungsmittelproduktion und bei Umweltleistungen.

Vor dem Hintergrund dieser Challenges verbinden Landwirte/Landwirtinnen u.a. folgende Leitmotive mit dem Thema nachhaltige Landwirtschaft (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3 :  Die Zukunft der deutschen Landwirtschaft nachhaltig sichern -Leitmotive/Denkanstöße und Szenarien für ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit Quelle: Dr. Torsten Kurth, Dr. Holger Rubel, Alexander Meyer zum Felde, Jörg-Andreas Krüger, Sophie Zielcke, Dr. Michael Günther und Prof. Dr. Birte Kemmerling Studie der Boston Consulting Group (BCG), 03.November 2019

Die Regenerative Landwirtschaft ist somit ein System von Prinzipien und Praktiken der Landbewirtschaftung, dass die Ressourcen des Bodens verbessern will, anstatt sie zu verbrauchen. Es strebt danach, den Boden wieder aufzubauen und seine Fruchtbarkeit nachhaltig zu steigern, die Biodiversität zu verbessern, das Wassermanagement zu optimieren und die Gesamtresilienz des Systems gegenüber klimatischen Schwankungen und anderen externen Störfaktoren zu erhöhen. Dabei spielt der aktive Kohlenstoffkreislauf eine zentrale Rolle, da er für die Bodengesundheit und -fruchtbarkeit von Bedeutung ist.

In der Praxis bedeutet dies die Vielfalt, Qualität, Vitalität und Gesundheit des Bodens, der Pflanzen, Tiere, Menschen und Betriebe zu verbessern und den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und zugekauften Düngemitteln weitgehend oder ganz zu reduzieren. Die Fruchtbarkeit und Gesundheit des Bodens sollen unter anderem dadurch gefördert werden, indem der Boden reduziert bearbeitet wird und möglichst immer bedeckt ist, damit er gesund bleibt.

Denn:

  • ein gesunder Boden ist die Grundlage und Voraussetzung für die künftige Nahrungsmittelproduktion.
  • ein gesunder Boden kann Wasser schneller aufnehmen und besser zurückhalten und den Pflanzen in Zeiten der Trockenheit zur Verfügung stellen.
  • ein gesunder Boden ist weniger gefährdet, zu erodieren und
  • ein gesunder Boden kann mehr CO2 speichern.

Daraus abgeleitet wird die Ursachen-Wirkungs-Kette:

Gesunder Boden – gesunde Pflanzen – gesundes Tier – gesunder Mensch!

Diese Kausalkette hat das Thema der regenerativen Landwirtschaft in den letzten Jahren auch in Europa stärker in das Bewusstsein einer breiteren Bevölkerungsschicht gerückt.

Gründe, die für die Regenerative Landwirtschaft sprechen!

Spricht man mit Praktikern, die sich für eine Orientierung in Richtung Regenerativer Landwirtschaft entschieden haben, so werden diese konkreter und führen folgende Gründe an:

  1. die zunehmenden Witterungsextreme;
  2. die mangelnde Fähigkeit vieler Böden, mit diesen Extremen klar zu kommen, und die dadurch gegebenen Auswirkungen auf die Erträge der angebauten Kulturen;
  1. die teilweise stagnierenden Erträge bei tendenziell steigendem Aufwand;
  2. die regional weiter steigenden Pachtpreise, die das Betriebsergebnis in  Zukunft immer stärker beeinträchtigen und dadurch den wirtschaftlichen Druck erhöhen, die Kosten im Ackerbau weiter zu senken;
  1. die steigenden Restriktionen in der Menge und bei der Anwendung von mineralischen und organischen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln;
  1. die öffentliche, mediale und politische Diskussion zum Thema Landwirtschaft und der dadurch aufgebaute Druck, sowohl in der Tierhaltung als auch im Pflanzenbau;
  1. die zunehmenden Resistenzen bei Ungräsern und Unkräutern sowie Insekten;
  2. die Einschränkung der Verfügbarkeit und die geringe Zahl der Neuzulassung von Wirkstoffen gegen Krankheiten und Schädlinge sorgen für zusätzlichen Druck, weil viele Maßnahmen nicht mehr greifen.
  1. 9. das alte pflanzenbauliche Wissen zunehmend in Vergessenheit gerät, die Bäuerinnen und Bauern viel zu technikgläubig sind und die Biologie gerne vergessen. Selbst in der Ausbildung wird Wissen über Boden und Bodenleben kaum noch gelehrt!

Voraussetzungen – Transformation beginnt im Kopf
Immer mehr Bäuerinnen und Bauern plädieren vor diesem Hintergrund für mehr-dimensionale Lösungsansätze in der Bewirtschaftung ihrer landwirtschaftlichen Flächen. Diese bestehen ihrer Auffassung nach in einer Behebung von Ursachen bestehender Probleme wie beispielsweise der Erosion, statt einer bloßen Bekämpfung von Symptomen. Konsequenz: die „Transformation beginnt im Kopf“ – und geht mit einem Loslassen etablierter Lehrsätze einher: „Was und wie kann ich heute unterstützen“, und nicht, „was kann ich heute bekämpfen“, lautet die grundlegende Frage in diesem ganzheitlichen Ansatz der Landnutzung.

Zur aktuellen Situation

Die Landwirtschaft ist vom Zustand der Böden abhängig. Aktuelle Wirtschaftsformen tragen zum Verlust (z. B. Erosion) und zu der Degradation von Böden bei. Die Idee der Regenerativen Landwirtschaft besteht im Kern darin, geschädigte Böden in urbanen und ländlichen Ökosystemen wiederherzustellen und zu verbessern, indem das Bodenleben gestärkt und Humus aufgebaut wird. Dies birgt die Möglichkeit, mehr CO2 im Boden zu binden als durch die Nutzung des Bodens ausgestoßen wird und dabei Nahrungsmittel und weitere Güter zu produzieren. Angaben des Rodale Institutes zufolge könnten mehr als 100% des aktuell jährlich ausgestoßenen CO2 mit einfachen, erschwinglichen, biologischen, regenerativen Methoden im Boden fixiert werden und der Klimawandel somit gemildert werden. Zudem können kostenintensive Inputs durch natürliche Prozesse ersetzt und fossile Brennstoffe eingespart werden.

Klar ist aber: Humusaufbau ist ein langwieriger und aufwendiger Prozess. Der größte Teil des eingebrachten Kohlenstoffs wird nämlich relativ schnell wieder abgebaut und als Kohlendioxid (CO2) freigesetzt. Nur ein kleiner Teil bleibt im Boden und wird langfristig gespeichert.

Umsetzung der Regenerativen Landwirtschaft

Wie bereits dargestellt, hat sich die Regenerative Landwirtschaft zum Ziel gesetzt, humus-bildende Prozesse (Humusanreicherung) und die Bodenbiologie (Bodenleben) zu fördern. Die wichtigsten Faktoren für eine Förderung des Bodenlebens und der damit verbundenen dauerhaften Erhöhung des Humusanteils im Boden sind nach Ansicht der Protagonisten:

  • geringe Bodenstörung durch eine flache Bodenbearbeitung.
  • eine ganzjährige Bodenbedeckung/Begrünung beispielsweise durch Untersaaten in den Hauptfrüchten (Getreide, Mais oder Raps), den Einsatz einer Gründüngung (Mulch und Deckfrucht) und/oder einem Zwischenfruchtanbau (Einsatz von Pflanzengemengen mit großer Diversität). Stichwort: Schattengare.
  • eine ausgewogene vielfältige Fruchtfolge und Nährstoffversorgung (keine Düngung nach Entzug). Die Düngung zielt beim Regenerativen Ackerbau darauf ab, Gleichgewichte beziehungsweise optimale Verhältnisse zwischen den Haupt- und Mikronährstoffen herzustellen (etwa zwischen Kalzium, Magnesium und Kalium, die sich in der pflanzenverfügbaren Bodenlösung in chemisch bedingten Gleichgewichten befinden). Das Weiteren soll das Bodenleben mit Hilfe der Flächenrotte und durch die organische Düngung optimal mit Nährstoffen versorgt werden.
  • eine Stärkung der Pflanzen („Vitalisierung“ mittels Pflanzenstärkungsmittel wie Komposttee) und
  • eine Applikation von Fermenten zur Bodenverbesserung bei der Bodenbearbeitung.

Diese Maßnahmen sollen eine Verminderung von Nährstoffverlusten (z. B. Nitratauswaschung), die Unterdrückung von Unkräutern und eine bessere Pflanzengesundheit bewirken. Davon versprechen sich die Anwender eine Reduzierung des Pflanzenschutz- und Düngemitteleinsatzes. Nach Aussagen von Praktikern kann durch einen verbesserten Humusgehalt, optimale Bodenverhältnisse und die Präparate zur Vitalisierung auf chemischen Pflanzenschutz verzichtet werden.

Des Weiteren streben sie durch die flache Einarbeitung der Zwischenfrüchte (die sogenannte Flächenrotte) einen Verzicht der Verwendung von Totalherbiziden an.

Die in den letzten Jahren verstärkt eingesetzte konservierende Bodenbearbeitung (auch „pfluglose Bodenbearbeitung“, „Mulch- oder Direktsaat“) hat sich zu einem zentralen Werkzeug der Regenerativen Landwirtschaft entwickelt. Bei diesem Bodenbearbeitungsverfahren wird auf den Einsatz des Pfluges komplett verzichtet. Stattdessen wird der Boden nichtwendend bearbeitet, wodurch ein Teil der Ernterückstände auf der Ackerfläche erhalten bleibt. Dadurch wird nach Ansicht der Wegbereiter/Pioniere das Bodenleben weniger gestört, was die Stabilisierung des Oberbodens und so den Humusaufbau begünstigt.

Ein weiterer produktionstechnischer Ansatz der Regenerativen Landwirtschaft ist eine möglichst ganzjährige Begrünung von Ackerflächen, die durch Untersaaten und Zwischenfrüchte sichergestellt werden soll. Die Idee dieses Ansatzes ist, den Boden möglichst lange zu bedecken und somit Auswaschungsverluste zu vermindern und das Bodenleben zu schützen. Im Gegensatz zu länger brachliegenden Getreide- oder Rapsstoppeln bilden Zwischenfrüchte zusätzliche energiereiche Stoffe (Wurzelexsudate), die den Bodenorganismen als Nahrung dienen. Diese Mikroorganismen tragen mit Hilfe der Exsudate zur Dauerhumusbildung bei (Liquid Carbon Pathway). Weitere Bausteine der Regenerativen Landwirtschaft sind der Gebrauch organischer Düngemittel, angepasste Fruchtfolgen und Kompostsysteme.

In der Praxis sind vor allem Maßnahmen beliebt:

  • die auch als «gute landwirtschaftliche Praxis» bezeichnet werden    können. Dazu gehören abwechslungsreiche Fruchtfolgen und/oder ein bedeckter Boden sowie
  • Maßnahmen, die in Europa im Moment eher noch eine Nische darstellen, wie beispielsweise Agroforst.

Ein ausgewogenes Bodenleben ist bei einem Humusanteil von etwa fünf Prozent erreicht, von dem etwa die Hälfte sogenannter aktiver Humus sein sollte.

Bedeutung der Zwischenfrüchte

Einige wichtige Funktionen von Zwischenfrüchten in der Regenerativen Landwirtschaft sind:

  • Bodenschutz: Durch die ständige Bodenbedeckung wird die Erosion durch Wind und Wasser verhindert, und die Bodenstruktur bleibt erhalten.
  • Nährstofflieferant: Einige Zwischenfrüchte, wie Leguminosen, können Stickstoff aus der Luft binden und im Boden speichern. Andere wiederum können wurzeln bis tief in den Boden und nehmen Nährstoffe aus tieferen Schichten auf, die so für die nachfolgenden flacher wurzelnden Pflanzen verfügbar gemacht werden.
  • Förderung der Biodiversität: Der Einsatz verschiedener Zwischenfrüchte fördert die Artenvielfalt in Flora und Fauna und bereichert dadurch das lokale Ökosystem.
  • Natürliche Schädlingsbekämpfung: Einige Zwischenfrüchte können Schädlinge abwehren oder natürliche Feinde der Schädlinge anlocken, wodurch der Bedarf an Pestiziden reduziert wird.

Es ist interessant zu bemerken, dass Zwischenfrüchte zwar weniger sichtbar und weniger ertragreich als Hauptfrüchte sein können, aber dennoch eine entscheidende Rolle in der Landwirtschaft spielen. Insbesondere in der Regenerativen Landwirtschaft sind sie ein wichtiges Werkzeug, um ein nachhaltiges und widerstandsfähiges Agrarsystem zu schaffen.

Nachfolgend sind einige wesentliche Methoden und der daraus resultierende Nutzen aufgelistet:

  • Zwischenfruchtanbau nach der Ernte: Nach der Ernte der Hauptfrucht wird sofort eine Zwischenfrucht ausgesät, um den Boden schnell wieder zu bedecken und Erosion zu verhindern.
  • Untersaat: Die Zwischenfrucht wird bereits ausgesät, während die Hauptfrucht noch auf dem Feld steht. So kann die Zwischenfrucht bereits kurz vor oder sofort nach der Ernte der Hauptfrucht wachsen und den Boden bedecken.
  • Mischkultur: Zwischenfrüchte werden gemeinsam mit Hauptkulturen auf dem gleichen Feld angebaut. Sie sollten gut mit der Hauptkultur zusammenpassen und in geringer Konkurrenz zueinanderstehen.

Charakteristiken und Besonderheiten

Eine der Schlüsselcharakteristiken der Regenerativen Landwirtschaft ist ihre ganzheitliche Herangehensweise. Statt einzelne Aspekte zu betrachten, wird das gesamte Ökosystem betrachtet und alle seine Prozesse miteinbezogen. Dadurch wird nicht nur eine hohe Produktivität erzielt, sondern auch eine nachhaltige Stabilität und Resilienz des Systems gefördert.

Eine konkrete Besonderheit ist beispielsweise die „soil food web“-Methode. Dabei handelt es sich um ein komplexes Netzwerk aus Mikroorganismen, das organischen Abfall in nützliche Nährstoffe für Pflanzen umwandelt.

Durch den Einsatz verschiedener regenerativer Techniken und Praktiken kann dieses Netzwerk aufrechterhalten und gestärkt werden beispielsweise durch:

Übersicht 1 : Vorteile des Einsatzes regenerativer Techniken /Praktiken

Geschichte – Entwicklungsstand – Entwicklungsdynamik

Ist das ein neues Konzept? Eher nicht, die Grundidee der Regenerativen Landwirtschaft findet sich bereits in indigenen Landnutzungsformen. Diese zeigen, dass eine humusmehrende Landbewirtschaftung eine uralte Praktik ist, die im Laufe der Entwicklung der Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten in Vergessenheit geraten ist.  Der Begriff „regenerative agriculture“ wurde erstmals in den frühen 1980er Jahren in Schriftwerken des Rodale Institute in Pennsylvania erwähnt, welches sich bereits in den 1970er Jahren mit regenerativen Methoden der Landbewirtschaftung beschäftigte. Der landwirtschaftliche Ansatz wird in USA mit dem bereits erwähnten Slogan „Put the carbon back to soil“ beschrieben.

Entwicklungsstand und -dynamik

Aufgrund des wachsenden Bewusstseins über die Bodendegradierung als Konsequenz der aktuellen landwirtschaftlichen Produktionsweisen erfreuen sich regenerative Praktiken global einer zunehmenden Beliebtheit. Während die regenerative Landwirtschaft beispielsweise in Amerika als etabliert gilt, bleibt diese bislang im europäischen Raum bisher wenig verbreitet. In Deutschland wird sie auf schätzungsweise 50.000 Hektar angewandt. Viele Praktizierende berichten von positiven Erfahrungen, jedoch gibt es dazu hierzulande erst wenige wissenschaftliche Daten. Sehr gut dokumentiert wird der erfolgreiche Humusaufbau durch regenerative Methoden z. B. in der Ökoregion Kaindorf in Österreich.

Übersicht 2: Das Nachhaltigkeitspotential

Risiken – Nachteile

Laut den Angaben des Statistischen Bundesamtes wird auf rund 40% der Ackerfläche der Boden teilweise ohne Pflug bearbeitet, aber nur auf einem Prozent Ackerland gänzlich auf die Bodenbearbeitung durch Pflug verzichtet. Dieser Trend der letzten Jahre hin zu Direktsaat wird größtenteils von konventionellen Landwirten und Landwirtinnen umgesetzt. Um Unkraut und Ausfallpflanzen zu kontrollieren, setzen sie häufig Herbizide ein, und werden damit dem Ziel des pestizidarmen oder gar -freien Anbaus nicht gerecht. Aber es gibt bislang noch wenige Bio-Landwirte und Bio-Landwirtinnen, die diese Ziele tatsächlich umsetzen.

Den Aufwuchs einzuarbeiten, ist anspruchsvoll und erfordert viel Erfahrung. Auch andere Methoden der Regenerativen Landwirtschaft benötigen Fachwissen, Einarbeitung und zeitlichen Aufwand. Zudem müssen die eingesetzten Methoden auf den jeweiligen Standort und Boden abgestimmt werden, was wiederum sehr gute Kenntnisse erfordert.

Agri-Food-systeme, also die systematische Kombination von technischen, biologischen und organisatorischen Methoden zur Herstellung von Lebensmitteln, versuchen, die bestmögliche Balance zwischen Ressourceneffizienz, ökologischem, sozialem und gesundheitlichem Nutzen herzustellen. Gleichzeitig müssen unternehmerische, ökonomisch messbare Erfolge erzielt werden. Transformation bedeutet, diese Balance neu auszutarieren/auszuhandeln. Das führt zwangsläufig zu Konflikten auf den verschiedensten Ebenen der Wertschöpfung. Wie können diese Prozesse gestaltet werden, damit Win-Win-Resultate entstehen, von denen die Landwirtschaft ebenso profitiert, wie die AnwenderIn bzw. VerbraucherIn der von ihr erzeugten Produkte?

Abbildung 4

Abbildung 4: Stufen der Umsetzung Regenerativer Maßnahmen Quelle: BCG & NABU-Analyse

Wirkungseffekte der Regenerativen Landwirtschaft?

Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass sich mit der Regenerativen Landwirtschaft jährlich 0,1 bis 0,2 Prozent Humus aufbauen lassen. Das entspräche in Abhängigkeit von den Standortbedingungen einem Speicherungspotenzial an CO2 von ca. 3 bis 15 t/ha und Jahr.

Die belastbare wissenschaftliche Bestätigung dieser Werte und angewandelten Methoden steht allerdings noch aus.

Zum Regenerativen Ackerbau gehört auch der Einsatz von Pflanzenfermenten, sogenannten Rottelenkern. Dabei handelt es sich um einen vergorenen Sud aus Acker- und Gartenkräutern sowie den Triebspitzen verschiedener Sträucher. Diese werden beim Einarbeiten der Zwischenfrucht ausgebracht, anfangs bis zu einer Menge von 100 Litern pro Hektar.

Zum Einsatz kommt außerdem auch sogenannter Komposttee. Dieser wird aus Kompostmaterial hergestellt, dessen Mikroorganismen in warmer Melasse und Wasser stark vermehrt werden. Die Wirkungen von Komposttee und Rottelenkern sind wissenschaftlich allerdings umstritten. „Zu Komposttee gibt es schon viele Untersuchungen. Die Ergebnisse sind zwar tendenziell positiv, aber nicht besonders deutlich“, sagt Ines Fritz von der Universität für Bodenkultur in Wien.

Insgesamt steht die wissenschaftliche Bestätigung der angestrebten Ziele und angewandten Methoden ebenfalls noch aus. Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg in Baden-Württemberg ist jedoch dabei, die Maßnahmen der regenerativen Landwirtschaft hinsichtlich der pflanzenbaulichen und ökologischen Wirkungen wissenschaftlich zu untersuchen. Dabei wird auch Förderwürdigkeit der regenerativen Landwirtschaft bzw. einzelner Maßnahmen geprüft.

Und hier gibt es eine Erkenntnis des Thünen-Instituts, die der regenerativen Landwirtschaft widerspricht. Verkürzt gesagt: Die pfluglose Bodenbearbeitung bringt nichts für den Humusaufbau – der Anbau von Zwischenfrüchten schon. Auch eine wissenschaftliche Bestätigung der möglichen Vorteile der Methoden Regenerativen Bewirtschaftung gibt es bislang ebenfalls noch nicht – jedenfalls nicht von offizieller Seite.

Keine verbindlichen Regeln – aber wirtschaftliche Vorteile?

Positive Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zur Wirkung von Teilbereichen der Regenerativen Landwirtschaft gibt es aus Australien (Christine Jones) und den USA (Rodale Institut).

Einheitliche und verbindliche Regeln, was Regenerative Landwirtschaft beinhaltet, gibt es (bisher) in Deutschland/Europa nicht, sagen die Begründer des Verfahrens. Jeder Landwirt muss also für seinen Betrieb seinen eigenen Weg finden. Dabei verzichten Biolandwirte ja ohnehin auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und Dünger. Ein konventioneller Bauer, der das Verfahren anwendet kann jedoch auch weiterhin damit arbeiten, wenn er es für nötig hält.

Ein Label, das starre Richtlinien vorschreiben würde, stünde derzeit diesen Ansätzen eher im Wege, glaubt Wenz.

Den wirtschaftlichen Vorteil des Konzepts der Regenerativen Landwirtschaft sieht Wenz darin, die betrieblichen Ausgaben für Pflanzenschutz und Düngung zu senken und durch fruchtbarere Böden hohe und stabile Erträge zu erwirtschaften – und das auch bei zunehmenden Wetterextremen.

Regenerative Methoden sind bisher an keine Richtlinien gebunden und werden von ökologisch wie auch konventionell wirtschaftenden Landwirten praktiziert. Trotzdem stehen sie dem Biolandbau sehr nahe. So entspricht beispielsweise folgender Auszug aus den Richtlinien von Bio Suisse bezüglich Bodenfruchtbarkeit in vielen Teilen Ansätzen der Regenerativen Landwirtschaft: «Die Pflege eines lebendigen Bodens und damit die Erhaltung und Steigerung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit steht im Zentrum aller Maßnahmen. Ein vielseitiger Bewuchs und eine möglichst lückenlose Bodenbedeckung bieten dazu die besten Voraussetzungen. Im biologischen Landbau wird eine gezielte Humuswirtschaft betrieben».

Die Regenerative Landwirtschaft kann also auch eine Chance sein, diese Grundsätze der Biolandwirtschaft ideologiefrei wieder mehr in den Vordergrund zu stellen. Die Präsenz des Themas zeigt zudem, dass das Bedürfnis nach einem besseren Verständnis der vielfältigen Zusammenhänge im Boden, in der Pflanze und im gesamten System der Land- und Ernährungswirtschaft groß ist.

Die Ansätze der Regenerativen Landwirtschaft wurden bisher kaum wissenschaftlich untersucht. Regenerativ wirtschaftende Landwirte berichten jedoch, dass im eigenen Betrieb die Veränderungen bei Boden und Pflanzen augenfällig seien.

Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Die Regenerative Landwirtschaft ist nicht genau definiert. Im wörtlichen Sinne heißt «regenerativ» so viel wie: «(daraus) wieder entstehend bzw. wiederherstellend». Charakteristisch für das Konzept der Regenerativen Landwirtschaft sind ihre Ziele: Die Wiederherstellung eines gesunden Bodens und die Rückgewinnung von Biodiversität.

Regenerativer Ackerbau ist neben anderen Teilbereichen der Regenerativen Landwirtschaft wie beispielsweise Agroforst und einem ganzheitlich geplanten Weidemanagement, ein Baustein einer zukunftsfähigen Landwirtschaft. Als solcher bündelt er überwiegend bekannte Maßnahmen zum Humusaufbau beziehungsweise zur Verbesserung des Bodenlebens und wendet diese sehr konsequent an. Dabei ist die Umsetzung einzelner Maßnahmen, etwa Untersaaten bei verschiedenen Hauptkulturen oder Mischkulturen, anspruchsvoll und erfordert viel Erfahrung.

Regenerative Landwirtschaft: Ganzheitliche Herangehensweise, inklusive gesamtes Ökosystem

  • Soil food web Methode: Komplexes Netzwerk aus Mikroorganismen, umwandeln von organischem Abfall in Nährstoffe
  • Vorteile Regenerativer Landwirtschaft: Erhöhte Bodenfruchtbarkeit, verbesserte Resilienz, CO2-Bindung
  • Nachteile Regenerativer Landwirtschaft: Hohe Anfangsinvestitionen, mangelndes Wissen und Ausbildung, arbeitsintensiv.

Potentielle Effekte regenerativer Maßnahmen auf Stoffumwandlungsprozesse, Bodenstruktur, Bodenorganismen und ein daraus resultierender Beitrag auf Wasserhaushalt, Ertragsleistung und Pflanzengesundheit können auf Basis bisher vorliegender Ergebnisse noch nicht sicher beurteilt werden und müssen deshalb weiter untersucht werden.

Regenerative Landwirtschaft trifft den Nerv der Zeit und wird deshalb wohl immer beliebter.