Der Agrarsektor der Ukraine ist eine wichtige Triebfeder der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. So ist es zum Beispiel den landwirtschaftlichen Unter-nehmen in vielen Produktionsbereichen gelungen, aktuelle Forschungsergebnisse und moderne wissenschaftliche Innovationen in die Praxis umzusetzen. Dies hat in den letzten drei Jahrzehnten zu einem Anstieg sowohl der Produktionsmengen als auch der Produktqualität geführt. Voraussetzung dafür waren auch zukunfts-orientierte politische Entscheidungen bzw. Rahmenbedingungen.

Die ukrainische Landwirtschaft ist trotz des Krieges ein bedeutsamer Faktor der Weltwirtschaft. Damit sind die ukrainischen Landwirte:innen  aber auch den gleichen Herausforderungen ausgesetzt wie ihre Kollegen in aller Welt. Das sind zum Beispiel: geopolitische und sozioökonomische, klimatische, veterinärmedizinische sowie technologische und innovative Faktoren/Risiken/Imponderabilitäten.

Außer diesen globalen Herausforderungen hat die Ukraine aber auch noch landesspezifische Problemstellungen, die z. B. aus der Vorbereitung eines möglichen EU-Beitritts resultieren, zu bewältigen.

Bereits im Jahr 2014 haben die Ukraine und die Europäische Union (EU) das Assoziierungsabkommen, das die Ukraine auf ihren künftigen Beitritt zur EU vorbereiten soll, unterzeichnet. Nach einer Reihe weiterer Verhandlungen beschloss die EU am 24. Juni 2022, der Ukraine den Kandidatenstatus zu verleihen. Auf der Grundlage dieser Entscheidung beschlossen die Staats- und Regierungschefs der EU (Europäischer Rat) am 14. Dezember 2023 die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine. Um die EU-Mitgliedschaft zu erfüllen muss die Ukraine die Voraussetzungen gemäß den sogenannten „Kopenhagener Kriterien” erfüllen. Dies beinhaltet die Übernahme beziehungsweise Integration der EU-Rechtsvorschriften in nationales Recht in 35 Kapiteln wie z. B. der Wirtschafts- und  Außenpolitik, sowie  der Rechtsstaatlichkeit. In einem sogenannten „Screening“ für jedes Verhandlungskapitel wird überprüft, inwieweit das nationale Recht des Beitrittskandidaten vom EU-Acquis abweicht und noch entsprechender Anpassung bedarf.

Aktuell die größte Herausforderung stellt jedoch der Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine dar. Seit Beginn des Krieges hat die Bedeutung des Agrarsektors für die Wirtschaft des Landes erheblich zugenommen. So gewährleistet der Agrarsektor nicht nur die Ernährungssicherheit für die Bevölkerung, sondern auch einen sehr großen Beitrag zur Finanzierung des Staatshaushaltes. Ein Indikator dafür ist der Anteil der landwirtschaftlichen Erzeugnisse am Export der Ukraine (30,8 % im Jahr 2021 und 42,6 % im Jahr 2022).

Um Antworten auf die aktuellen, allgemeinen und spezifischen Herausforderungen der Ukraine zu finden, ist es wichtig, die Arbeit von nationalen und internationalen Experten:innen zu bündeln. Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), ist für die Ukraine ein wichtiger Partner auf dem Weg zur Modernisierung des Agrarsektors. Beide Länder (Ukraine und Deutschland) verfügen über einen starken, in globale Lieferketten integrierten Agrarsektor, eine gut entwickelte landwirtschaftliche Infrastruktur, sowie ein großes agrarwissenschaftliches Potenzial. Die relevanten Akteure in beiden Ländern sind an der Vertiefung eines offenen und sachlichen Dialogs interessiert, da die auf regionaler Ebene wahrgenommenen ernährungs- und agrarpolitischen Herausforderungen ähnlich sind und nur durch Zusammenarbeit und gegenseitiges Verständnis bewältigt werden können.

Derzeit gibt es vier ukrainisch-deutsche Kooperationsprojekte in der Ukraine, von denen zwei von der ADT Project Consulting GmbH in Bonn durchgeführt werden. Konkret handelt es sich dabei um  das Projekt “Förderung der Agrarausbildung in der Ukraine” (FABU) und den “Deutsch-Ukrainischen Fachdialog zur nachhaltigen Entwicklung des Obst- und Gemüsesektors in der Region Winnyzja” (DUALOG). Die Ziele und Ergebnisse der beiden Projekte sind in der Ukraine weithin bekannt und werden regelmäßig über verschiedene mediale Wege kommuniziert.

Trotz unterschiedlicher fachlicher Tätigkeitsbereiche verfolgen die Projekte ein gemeinsames Ziel: Fachkräfte auf Collegeniveau nach internationalen Standards auszubilden. Dies kann als eine Grundlage für die Zusammenarbeit beispielweise bei der Entwicklung von Lehrplänen und/oder bei der Durchführung gemeinsamer Webinare sowie Konferenzen angesehen werden. Vor diesem Hintergrund traf sich der DUALOG-Projektleiter, Herr Oleg Osaulyuk, mit dem stellvertretenden Projektleiter des FABU-Projektes, Herrn Andriy Getya, am 9. April 2024 in Bonn. um Fragen der gemeinsamen Projektdurchführung zu besprechen und gemeinsame Arbeitsfelder auszuloten. In einer fruchtbaren Diskussion informierten sich die Partner gegenseitig über ihre weiteren Pläne für das Jahr 2024 und erörterten Aktivitäten für eine künftige Zusammenarbeit.