Die Europäische Union (EU) geht auf die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) zurück, die 1957 von sechs Staaten gegründet wurde („Römische Verträge“). Aktuell ist die EU ein Verbund mit 27 Mitgliedsstaaten. Sie hat etwa 450 Millionen Einwohner und 24 Amtssprachen. Der Euro ist in 19 EU-Ländern die offizielle und gemeinsame Währung. Politisch wird die jahrzehntelange Zweiteilung des Kontinents in West und Ost durch die Erweiterung der EU überwunden. Unter wirtschaftlichen Aspekten bietet der EU-Binnenmarkt große Chancen. So ist die EU aktuell nach den USA und China der drittgrößte Wirtschaftsraum der Welt und repräsentiert rund 15% der globalen Wirtschaftsleistung.

Doch wie lässt sich dieses gigantische inhomogene Gebilde mit z. T. starken nationalen Tendenzen/Strömungen regieren?

Spätestens seit dem 20. Juni 2022 als die die Ukraine den EU-Kandidaten-Status erhielt, und mit dem Beschluss des Europäischen Rates (ER) am 14. Dezember 2023 zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen, ist dieses Thema auch in der Ukraine omnipräsent.

Vor diesem Hintergrund veranstaltete das FABU-Projekt am 03. April 2024 im Rahmen der Veranstaltungsreihe “Die Europäische Integration der Ukraine” ein Webinar zum Thema “Wie funktioniert die EU” mit dem Ziel, Multiplikatoren (Lehrkräfte, Fachleute etc.) in die Grundlagen des Aufbaus der EU einzuführen und Kenntnisse über deren Funktionsweise zu vermitteln.

Vielen ukrainischen Bürgerinnen und Bürgern sind zwar Begriffe wie Europäisches Parlament (EP), Europäischer Rat (ER), Europäische Kommission, Rat der Europäischen Union (Rat) vertraut, aber es bestehen Defizite hinsichtlich des Wissens über ihre Funktionen und ihren Zweck.

Deshalb stellte Dr. Pascher, der Referent des ersten Webinars zum Thema EU, zunächst die Organe der EU vor, die dafür verantwortlich sind, dass die Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten funktioniert.

Das politische System der EU, das sich im Zuge der europäischen Integration herausgebildet hat, basiert auf dem Vertrag über die Europäische Union (EUV) und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Das Regelwerk enthält sowohl überstaatliche   (= supranationale) Einrichtungen wie z. B. die Europäische Kommission als Exekutivorgan und den EU-Gerichtshof als Rechtsprechungsinstanz) als auch zwischenstaatlich (= intergouvernementale) geregelte Bestimmungen wie z. B. die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und die Polizeiliche und Justizielle Zusammenarbeit (PJZS).

Die zentralen Organe der EU und ihre unterschiedlichen Rollen und Aufgaben sind:

Die Europäische Kommission. Sie schlägt neue EU-Gesetze vor und prüft, ob die Mitgliedstaaten die verabschiedeten Gesetze umgesetzt wurden. Die Europäische Kommission besteht aus je einem Kommissar:in aus jedem Mitgliedsstaat und vertritt die gesamte EU. Alle fünf Jahre wird die Kommission neu besetzt.

Der Europäische Rat (ER) legt die Leitlinien für die längerfristige Zusammenarbeit in der EU fest. Hier treffen sich die Staats- und Regierungschefs:innen der EU-Staaten.

Über neue EU-Gesetze entscheidet der Rat der Europäischen Union (Rat) und das Europäische Parlament in der Regel gemeinsam. Welche/r nationale Fachminister:in an einer Ratssitzung teilnimmt, hängt von dem zu behandelnden Thema ab.

Die abgeordneten Personen des Europäischen Parlaments werden alle fünf Jahre von den Bürgerinnen und Bürgern aller EU-Staaten in direkten Wahlen gewählt.

Weitere wichtige EU-Einrichtungen sind u.a.:

Der Europäische Gerichtshof gewährleistet, dass das EU-Recht in allen EU-Mitgliedsstaaten auf die gleiche Weise ausgelegt und angewandt wird. Er ist befugt, in Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten, EU-Institutionen, Unternehmen und Einzelpersonen zu entscheiden.

Der Europäische Rechnungshof überprüft die ordnungsgemäße Verwendung der EU-Gelder.

Die Europäische Zentralbank kümmert sich um die Geldpolitik und unterstützt die Wirtschaftspolitik in der EU. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben ist die Erhaltung der Währungsstabilität im Euro-Raum.

Weitere Themen des Vortrages von Herrn Dr. Pascher waren Ziele und Errungenschaften der EU, die EU-Verträge, die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, der Abschluss internationaler Übereinkünfte, der EU-Haushalt sowie die EU-Erweiterung.

Abschließend stellte Dr. Pascher fest, dass die EU kein statisches Gebilde ist, sondern sich seit ihrer Gründung ständig verändert hat. Veränderungen im Zuge bzw. nach dem Beitritt der Ukraine seien daher auch wahrscheinlich.

Im Nachtrag berichtete Dr. Pascher, dass die Kommission am 20. Juni 2023 die Bereitstellung von finanziellen Mitteln zur Unterstützung des Wiederaufbaus und der Modernisierung der Ukraine vorgeschlagen hat. Der vorgeschlagene Mittelrahmen (Fazilität) sieht für den Zeitraum von 2024 bis 2027 ein Volumen von 50 Milliarden Euro vor. Mit der Ende 2023 vom Europäischen Rat (ER) beschlossenen Mittelbereitstellung möchte die EU ihr Engagement unterstreichen, die Ukraine angesichts des anhaltenden Angriffskriegs Russlands auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft zu unterstützen.

Die Evaluierung des Webinars zeigt, dass die Teilnehmenden wiederum sowohl vom Inhalt des Vortrags als auch von der rhetorischen Qualität des Vortragenden begeistert waren.

Die wiederum sehr hohe Beteiligung an dem Webinar (mehr als 70 Personen) macht einmal mehr deutlich, dass zu dem Thema EU ein enormer Informationsbedarf/Wissenshunger besteht.

Für uns als FABU-Team heißt das: Weitere Veranstaltungen werden folgen.

 

Hans Georg Hassenpflug

 

P.S.: Alle Materialen des Webinars sind in Kürze auf der FABU-Projekthomepage zu finden.