Von Oleksiy Martyniuk und Hans Georg Hassenpflug

Vorgeschichte

Oleksiy Martyniuk hat am Fachcollege Agrar Myrogoshchansky Landwirtschaft mit dem Schwerpunkt Elektrotechnik studiert. Im Rahmen seiner Ausbildung verbrachte er vom 16. Juli bis 13. Dezember 2020 ein viereinhalb-monatiges Auslandspraktikum auf dem landwirtschaftlichen Ausbildungsbetrieb Ralf u. Claudia Klenk GbR in Murrhardt im Bundesland Baden-Württemberg.

Fachliche Schwerpunkte der praktischen Ausbildung auf dem landwirtschaftlichen Betrieb bildeten die Themenfelder Rinderhaltung und Milchviehhaltung, Tiergesundheit und Futterproduktion, Nutzung landwirtschaftlicher Flächen (Ackerbau, Grünland), Landtechnik, Pflanzendüngung und Pflanzenschutz, Umweltgerechte Landbewirtschaftung, Betriebswirtschaft, Arbeitssicherheit und Verarbeitung und Vermarktung (Wertschöpfungsketten). Ergänzt wurden die betrieblichen Ausbildungsaktivitäten durch überbetrieblichen Praktikantentreffen, Fachexkursionen, Kulturausflüge und Online-Seminare.

Das Praktikum endet für Oleksiy Martyniuk mit einer großen Überraschung: Für seine hervorragenden praktischen Leistungen sowie das sehr gut geführte Berichtsheft wird er mit dem 1. Preis  (Teilnahme am nächsten Herrschinger Grundkurs) geehrt.

Fazit Matyniuk:

„Zuerst hatte ich Angst vor dem Unbekannten. Ich wusste nicht, dass dies der Beginn einer neuen Reise war, um mich beruflich weiterzuentwickeln…“

„Auf meinem Weg musste ich einige Hindernisse überwinden, wie Deutsch zu lernen. Eine neue Sprache in so kurzer Zeit zu lernen und zu meistern ist nicht einfach. Doch ich habe es mit harter Arbeit und Entschlossenheit geschafft…“

Wolke Sieben

Covid-19 bedingt musste der Herrschinger Grundkurs im Jahr 2021 abgesagt werden. Anfang 2022 war es dann endlich soweit im Jahr.  Oleksiy Martyniuk erhielt eine Einladung zur Teilnahme am 127. Herrschinger Grundkurs. Er und weitere 45 Teilnehmerinnen und Teilnehmer fanden im Haus der Bayerischen Landwirtschaft am Ammersee für die Zeit vom 05. Januar bis zum 18. März 2022 Ihr „Zuhause auf Zeit“ und erlebten einzigartige Momente unter dem Motto „Leidenschaft bewegt, Zukunft entsteht“. An Krieg habe ich bei meiner Anreise nach Bayern am …… nicht gedacht.

Zehn Wochen lang drehte sich alles um Impulse, Ideen und Orientierungshilfen für die persönliche Entwicklung. Kernthemen des Kurses waren

  • die Definition beruflicher und persönlicher Ziele
  • die Erweiterung des eigenen Horizonts
  • den Aufbau vielfältiger Netzwerke
  • das Nutzen effizienter Synergien
  • die Vertiefung der eigenen Allgemeinbildung und
  • Themen wie Digitalisierung in der Landwirtschaft, aktive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, das Image der Landwirtschaft.

Neben dem Programm in Herrsching führte die Gruppe auch Studienreisen nach Nürnberg, Berlin Brandenburg und Potsdam  durch. Weitere Highlights waren das Hüttenwochenende mit Schneeschuhwanderung in den Chiemgauer Alpen, spannende Betriebsbesichtigungen, ein Kommunikationstraining und die Marienplatz-Aktion, mit der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Dialog zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft intensivieren wollen.

Fazit Martyniuk:

„Wir hatten anstrengende Tage, gesellige Abende und kurze Nächte!“

„Ich habe durch das Betriebspraktikum und den Herrschinger Grundkurs viel landwirtschaftliches und organisatorisches Fachwissen gesammelt und wichtige Impulse für meine Persönlichkeitsentwicklung erhalten…“

„Beides war eine wirklich wertvolle Erfahrung für mich ….“

Vom Krieg überrascht

Der 24. Februar 2022 – plötzlich ist alles anders. Durch den russischen Überfall auf das Staatsgebiet der Ukraine herrscht Krieg. Dieser hat das Leben der Menschen dort von einem Tag auf den anderen radikal verändert. Millionen Ukrainer*innen sind vor den Bomben Putins aus ihrem Heimatland auf der Flucht, darunter vor allem Frauen, Kinder und Jugendliche.

Martyniuk:

Mir geht der Krieg in der Ukraine sehr nahe. Noch vor wenigen  Wochen schien ein Krieg mitten in Europa unvorstellbar. Doch die Zeiten haben sich geändert. Das Leid der Menschen macht mich betroffen und fassungslos. Ich habe Familie, Freund*innen und  Bekannte in der Ukraine. Allen ist es wichtig, jetzt ein entschlossenes Zeichen für den Frieden zu setzen! Wir sehen die Videos, wie sich die Menschen auf großen Plätzen versammeln. Das zeigt mir, wir Ukrainer sind nicht alleine. Ich habe große Hoffnung, dass die Ukraine gewinnen wird. Der Preis dafür wird sicherlich sehr hoch. Ich befürchte, dass noch viele Menschen sterben werden.

Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer und Dozent*innen  am Herrschinger Grundkurs zeigten tiefe Betroffenheit und Solidarität mit mir persönlich, meiner Familie und allen Ukrainer*innen. Spontan haben sie eine Spendenbox für Kriegsflüchtlinge und Opfer eingerichtet. Einmal mehr zeigte sich, dass das Moto „Bildung und Begegnung“ als verbindendes Element wichtig und entscheidend ist.

Plötzlich war der Boden unter meinen Füssen weg

Der 24. Februar 2022 hat mein Leben grundlegend verändert. Ich befinde mich in Herrsching am Ammersee in einer wunderschönen Bildungseinrichtung und werde von der Nachricht überrascht, dass die Russische Föderation  die Ukraine angegriffen hat. Nach einer ersten Schockstarre habe ich mich in Abstimmung mit meinen Eltern  entschlossen, den Herrschinger Grundkurs zu Ende zu machen. Gleichzeitig haben mich meine Kollege*innen im Kursus unterstützt humanitäre Hilfsgüter für die Ukraine zu organisieren.

Für die Zukunft plane ich die in der Spezialisierung „Elektrotechnik“ bisher erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten durch ein universitäres Studium zu vertiefen. Elektrotechnik und Landwirtschaft haben, meiner Meinung nach, sehr viele Berührungspunkte und verfügen in einer ganzen Reihe von Arbeitsfeldern über große Schnittmengen. Daher plane ich mein Wissen und meine Kenntnisse in beiden Fachgebieten zu erweitern. Ich hoffe dadurch meinem Heimatland – der Ukraine – auf diese Weise in Zukunft zu unterstützen und beim Wiederaufbau helfen zu können. Ich sehne mich nach meinem zu Hause. Mein Ziel ist es möglichst bald in die Ukraine zurück zu kehren.