Liebe Partner, Mitstreiter und Freunde des Projektes FABU,

ich hoffe, es geht Ihnen und Ihren Familien gut und sie sind bisher von der Coronapandemie verschont geblieben.

Das Team-FABU hat leider in den vergangenen zwei Wochen Erfahrungen mit dem Corona-Virus gemacht. Andriy Getya hat sich trotz der getroffenen Schutzmaßnahmen (Home-Office, Maskenpflicht, Social Distancing, regelmäßige Handdesinfektion etc.) mit COVID-19 infiziert und in den letzten 14 Tagen leidvolle Erfahrungen mit den Krankheitssymptomen und den Auswirkungen einer häuslichen Quarantäne gemacht.

Gott sei Dank befindet er sich wieder auf dem Wege der Besserung und wir hoffen, dass er möglichst schnell wieder auf die Beine kommt.

Lieber Andriy, Olga und ich, die ADT-Familie, die Ansprechpartner bei HfWU, PPMA und AKI, sowie die Kollegen und Kolleginnen im BMEL und bei der GFA und viele weitere Dir liebgesonnene Menschen wünschen Dir eine schnelle Genesung und hoffen, dass diese Zeiten Dich daran erinnern, dass wir alle an Dich denken und Dich vermissen.

Das Team-FABU vermisst aber auch den persönlichen Kontakt mit unseren Partnern, Mitstreitern und Freunden des Projektes. Als im Frühjahr die Coronapandemie in Europa ausbrach, konnten wir uns nicht vorstellen, dass sie so lange und so dramatisch unser Leben beeinflussen würde. Die Lockerungen der Sommermonate waren Balsam für die Seele, aber angesichts wieder sehr stark ansteigender Infektionsfälle nicht nachhaltig. Ich denke wir werden unser Leben noch für einen sehr langen Zeitraum umstellen müssen: Masken in der Öffentlichkeit tragen, Hygienemaßnahmen, Social Distancing oder mobil arbeiten wird unseren Alltag auch in den nächsten Monaten bestimmen. Moderne Kommunikationstechniken machen vieles möglich, können aber den persönlichen Kontakt nicht ersetzen.

Inmitten dieser ungewöhnlichen Situation absolvieren 25 Studierende unserer ukrainischen Pilot-Colleges seit dem 24. Juli ein 5-monatiges Praktikum in Deutschland. Abstandsregeln, Hygienemaßnahmen und stark eingeschränkte Reisemöglichkeiten bestimmen auch ihren Tageablauf. Gewohnte und gewünschte soziale Kontakte, das hautnahe Kennenlernen der Kultur in Deutschland und das Knüpfen internationaler Freundschaften lassen sich unter den aktuellen Corona-Bedingungen nicht verwirklichen oder sind nur sehr eingeschränkt möglich. Der erneute Lock-Down hat einerseits viele Wünsche und Träume des Aufenthalts zunichte gemacht, andererseits aber den Praktikumsbetrieben in dieser Situation im Hinblick auf die Betreuung der Praktikantinnen/Praktikanten eine besondere Rolle zukommen lassen, der diese vorbildlich nachkommen.

Das AKI-Team um Falk Kullen und Olga Rybakova, unsere Partner im Praktikantenprojekt, mussten vor dem Hintergrund der neuen Corona-Maßnahmen die vom 11. bis 13. November geplante zweite Fachexkursion für die Praktikanten/Praktikantinnen absagen. Das tut uns allen weh. Zumal im Mittelpunkt des Programms der Besuch der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH) vorgesehen war – ein interessantes Modell der bäuerlichen Selbsthilfe.

AKI arbeitet derzeit jedoch an einem digitalen Alternativprogramm. Um trotz der starken Einschränkungen den sozialen Kontakt und Austausch der Praktikantinnen/Praktikanten untereinander zu fördern, plant das AKI-Team für die Praktikantengruppen aus der Ukraine und Georgien ein Event im Online-Format.  Konkret ist geplant, den Praktikantinnen/Praktikanten Ende November/Anfang Dezember die Inhalte der abgesagten Exkursion zumindest in digitaler Form näher zu bringen. Vorgesehen sind zwei Vorträge á ca. 45-60 Minuten, die anschließend in einem moderierten Austausch (zu Fragen, Erfahrungen, etc.) in einer interaktiven Runde vertieft werden sollen.

Des Weiteren soll es im Rahmen des Online-Formats der Veranstaltung eine Vorstellung von bekannten Unternehmen aus der deutschen Agrarbranche geben. Diese könnte zumindest teilweise die sonst jährlich stattfindenden Werksführungen ersetzen, welche in 2020 ebenfalls auf Grund der geltenden Corona-Richtlinien abgesagt werden mussten.

Ich bin auf die Resonanz auf das neue Veranstaltungsformat gespannt.

 

Projekte, wie die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, bieten auch für die Ukraine interessante Ansatzpunkte für die Entwicklung der ländlichen Räume, die Regionalentwicklung und für die Stabilisierung landwirtschaftlicher Betriebsstrukturen sowie die Einkommenssicherung kleinerer landwirtschaftlicher Betriebe. Deshalb möchte ich Ihnen die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall kurz vorstellen:

„Hilf dir selbst, so hilft dir Gott“: Das Sprichwort haben sich die Hohenloher Bauern zu Herzen genommen und 1988 die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall gegründet. Sie arbeiten nach dem Prinzip der bäuerlichen Selbsthilfe und engagieren sich für die bäuerliche Regionalentwicklung in Hohenlohe.

Mit Hilfe von alten heimischen Schweinelandrassen erzeugen sie Fleisch, das Verbraucherinnen und Verbraucher mit gutem Gewissen zubereiten und mit viel Genuss essen können. Ihre Tiere bekommen nur bestes und gesundes Futter zum Fressen. Verboten sind Wachstumsförderer, Tiermehl und andere bedenkliche Stoffe.

Um lange Transportwege zu vermeiden, werden die gemästeten Tiere selbst zum eigenen Erzeugerschlachthof nach Schwäbisch Hall transportiert.  Dort werden sie unter Aufsicht von Veterinären tierschutzgerecht geschlachtet und verarbeitet. Erzeugung, Schlachtung und Vertrieb sind somit in einer Hand. Freiwillig wird der Weg von der Zucht bis zur Schlachtung durch eine neutrale Kontrolle durch das Lebensmittelinstitut Lacon in Offenburg überwacht. In den Erzeugerrichtlinien sind alle Anforderungen und Kontrollstufen genau festgeschrieben. Transparenz ist oberstes Gebot. Fleisch der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall stammt eben direkt vom Bauern.

 

Zur Geschichte

Anfang der 1980er Jahre galten die Mohrenköpfle, wie sie ihrer charakteristischen Färbung wegen liebevoll genannt werden, als ausgestorbene Schweinerasse. Nur sieben Sauen und ein Eber der Schwäbisch-Hällischen hatten auf Höfen in Wolpertshausen bei Schwäbisch Hall überlebt. Den Hohenloher Bauern ist es zu verdanken, dass die verloren geglaubte, traditionsreiche Landrasse wieder belebt werden konnte – ein auch international viel beachtetes Projekt.

Heute ist das Herdbuch der Schwäbisch-Hällischen Schweine auf 350 Herdbuchsauen angewachsen, 3500 Muttersauen werfen jährlich 70 000 Ferkel. Rund 1500 Bauernhöfe haben sich mittlerweile der Erzeugergemeinschaft angeschlossen.

Die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall ist mittlerweile ein führender Erzeuger und Vermarkter von Bio-Fleisch in Deutschland. Die Qualitätsfleischprogramme  der Erzeugergemeinschaft wurden allesamt von Öko-Test mit „sehr gut“ bewertet. 2005 haben die führenden Umwelt- und Tierschutzverbände der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall den Förderpreis „Pro Tier“ verliehen.

Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt hat einmal gesagt „in der Krise zeigt sich der Charakter“. Ich meine, die Praktikumsbetriebe haben Charakter bewiesen, indem sie trotz aller Risiken eine Praktikantin/einen Praktikanten auf ihrem Hof aufgenommen haben. Aber auch die Praktikantinnen und Praktikanten haben Charakter gezeigt, als sie trotz vieler Unwägbarkeiten/Risiken in Coronazeiten auf den unbekannten Zug Praktikum im Ausland aufgesprungen sind.

 

Ihr

 

Hans Georg Hassenpflug

Projektleiter FABU