Trotz der furchtbaren Realität des Krieges fand im Rahmen des deutsch-ukrainischen FABU-Projektes in der Zeit vom 20. bis 25. November 2022 für ausgewählte Experten und Expertinnen eine Fachinformationsfahrt (FIF) nach Deutschland statt. Reiseziele waren das Bundesland Sachsen und die Bundeshauptstadt Berlin.

Um die Methoden und die Inhalte der praxisnahen Ausbildung an den Agrarcolleges und den staatlichen Lehrzentren zu verbessern, wurden im Rahmen des FABU-Projektes bereits seit August 2017 in fünf Spezialisierungen an vier Agrarcolleges ausgewählte Elemente einer dualen Ausbildung in das ukrainische landwirtschaftliche Bildungssystem eingeführt. Konkret wurden dafür die Curricula, Lehrpläne und Lehrinhalte überarbeitet und an die internationalen Standards angepasst. Ebenfalls wurden die Inhalte der betrieblichen Praktika neu geregelt. Ein Ziel dieser Maßnahmen war es, erste Schritte im Hinblick auf eine bessere Anpassung der Aus-, Fort- und Weiterbildung an die Anforderungen bzw. Bedürfnisse des Arbeitsmarktes und die Nachfrage der landwirtschaftlichen Unternehmen nach qualifizierten Arbeitskräften zu realisieren.

Zur Fortsetzung der Anpassungsprozesse benötigen die politischen und verwaltungs-mäßigen Entscheidungsebenen Informationen über die Hintergründe und zudem Kenntnisse über die unterschiedlichen Konzepte und Strategien der beruflichen Bildung im Agrarsektor, um zielgerichtet Entscheidungen für die Weiterentwicklung treffen zu können. Gilt es doch nunmehr, eine stärker handlungsorientierte Wissensvermittlung in die Curricula bzw. die Lehrpläne und in die Ausgestaltung der Lehrveranstaltungen einzuführen.

Vor diesem Hintergrund war es ein Ziel der Fachinformationsfahrt, einen Austausch mit Fachleuten aus Ministerien, Fachinstitutionen, Bildungseinrichtungen und Ausbildungs-betrieben in Deutschland zu ermöglichen, um die erforderlichen Informationen und Grundlagen für den erforderlichen Entscheidungsprozess zu erhalten. So sollten die Entscheidungsakteure im Rahmen dieser Studienreise u. a. die Bausteine und Akteure von dualen Berufsausbildungssystemen in Deutschland kennenlernen.

Konkret ging es dabei um:

– die rechtliche, organisatorische und inhaltliche Ausgestaltung des deutschen dualen

Ausbildungssystems,

– die Finanzierung der beruflichen Ausbildung,

– das Kennenlernen der zuständigen Akteure, deren Aufgaben und Zusammenwirken,

– Lehrpläne – Wer ist zuständig, wer ist beteiligt, wie kommt es zu Anpassungen?

– das Vorstellen und Kennenlernen von Best-Practice-Beispielen,.

– einen Informations- und Gedankenaustausch mit Gesprächspartnern*innen in den

zuständigen Ministerien, beim Deutschen Bauernverband, den zuständigen Stellen,

in den Fach- und Berufsschulen sowie auf den ausbildenden Betrieben.

Die im Rahmen der FIF besuchten deutschen Organisationen konnten Entscheidungs-träger der folgenden ukrainischen Einrichtungen

  • des Ministeriums für Agrarpolitik und Ernährung der Ukraine (MAPE),
  • des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft der Ukraine (MBW),
  • des Kabinetts der Minister (Ministerkabinett) der Ukraine,
  • der Administration des Präsidenten,
  • des Rates für Agrarausbildung beim MBW,
  • des Staatlichen Dienstes für Bildungsqualität und
  • des Wissenschaftlich und Methodischen Zentrum für Aus- und Hochschulbildung (WMZ VFPO)

begrüßen.

Die Teilnehmer*innen der Fachinformationsfahrt waren von dem interessanten und fachlich anspruchsvollen Programm sehr beeindruckt. Besonderes Interesse hatten sie an dem Bildungsmanagement der dualen Ausbildung der verschiedenen Akteure (Betriebe, Überbetriebliche Ausbildungsstätte, Schulen, zuständige Stellen).

Höhepunkte der Studienreise waren die teils sehr emotionalen Treffen der Delegation mit ukrainischen Schüler*innen und ihrer Lehrerin sowie Mitarbeiter*innen auf den landwirtschaftlichen Betrieben.

Ein besonderes Ereignis war die Hospitation am Unterricht des 1. Lehrjahres der Landwirte*innen im Beruflichen Schulzentrum Altroßtal und das anschließende, offene Gespräch mit Lehrern*innen, Schülern*innen und der Schulleitung zur dualen Berufsausbildung.

Die deutschen Gesprächspartner*innen waren von der Motivation der ukrainischen Delegation sehr beeindruckt. Insbesondere, welche Gedanken sie sich um die Zukunft ihrer Berufsausbildung machen, während in ihrer Heimat Krieg herrscht. Die Gedanken über und das Festhalten an einer besseren Zukunft sind wohl ein Weg, mit der aktuellen Situation fertig zu werden.

 

Das Programm und die fachlichen Inhalte der Studienreise fanden bei allen Teilnehmer*innen eine sehr positive Resonanz. Dies wurde darin zum Ausdruck gebracht, dass vielfach der Wunsch geäußert wurde, dieser und anderen Gruppen weitere Veranstaltungen in der erlebten Qualität anzubieten. Gelobt wurden insbesondere die Gesamtkonzeption, die Qualität der Vorträge, die Auswahl der Besichtigungsobjekte und Veranstaltungsorte sowie die Veranstaltungsorganisation.

 

Die Mitglieder der Delegation bedanken sich bei allen Personen, die an der Vorbereitung, Durchführung und Umsetzung dieser Studienreise beteiligt waren.

 

Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit.

 

Hans Georg Hassenpflug

Leiter Projekt FABU