… es hat geklappt. 34 ukrainische Studierende haben sich am 2. Mai von Kiew aus auf den Weg gemacht, um ein 6-monatiges landwirtschaftliches Praktikum auf Betrieben in Süd-Deutschland (Baden-Württemberg und Bayern) zu absolvieren. Unter der Betreuung von Frau Lesia Shcherbakova (WMZ VFPO) und Frau Oksana Havryliuk (Fachcollege Agrar Myrohoschtscha) sind sie am Mittwoch, den 3. Mai 2023, in der DEULA in Kirchheim unter Teck eingetroffen. Vier bereits in Deutschland lebende ukrainische Studierende vervollständigen die Gruppe der ukrainischen Praktikanten/Praktikantinnen in diesem Jahr, so dass Olga Rybakova und Mitarbeiterinnen von AgrarKontakte International (AKI) e. V. insgesamt 38 glückliche und erwartungsvolle ukrainische Studierende (darunter 16 männliche Studierende) in Empfang nehmen konnten.

In den nächsten Tagen gilt es noch die letzten formalen Hürden/Hindernisse zu nehmen bzw. diese aus dem Weg zu räumen. Alle Beteiligten sind zuversichtlich, dass auch dies gelingen wird, hat doch AKI mit Unterstützung des Projektes „Förderung der Berufsbildung an landwirtschaftlichen Colleges in der Ukraine – FABU“ und der deutschen Botschaft in Kiew das schier unmögliche geschafft und den Jugendlichen aus der Ukraine den Aufenthalt in Deutschland und damit eine Auszeit vom Kriegsgeschehen ermöglicht.

Eine Landwirtschaft, die modern, leistungsfähig und nachhaltig aufgestellt ist, benötigt qualifizierte Fach- und Führungskräfte. Ein Grundstein für deren beruflichen Werdegang wird in der Ukraine mit der Ausbildung an den landwirtschaftlichen Colleges gelegt. Das Vermitteln des berufstheoretischen Rüstzeugs für das weitere Arbeitsleben erfolgt an diesen Bildungseinrichtungen. Die berufspraktischen Erfahrungen sammeln die Studierenden normalerweise in Unternehmen des vor- und nachgelagerten Bereichs der Landwirtschaft oder direkt auf landwirtschaftlichen Betrieben in der Ukraine – auch an den Betrieben der Agrarcolleges.

Ein Alleinstellungsmerkmal für die Absolventen:innen der Agrarcolleges ist ein in die berufs-theoretische Ausbildung integriertes Betriebspraktikum im Ausland. Derartige praktische Einblicke in den Agrarsektor in einem anderen Land schaffen noch einmal einen ganz anderen Blick und ein besseres Verständnis für das in der Heimat theoretisch Erlernte.

Sprachkenntnisse erwerben und aufbessern, andere Menschen und neue Kulturen kennenlernen, über sich hinauswachsen und nebenbei noch etwas Geld verdienen, das sind unschätzbare Lebenserfahrungen und später Erinnerungen, die man jeder/jedem Jugendlichen nur empfehlen kann. Die Praktikanten:innen profitieren von dem neuen sozialen Umfeld, das die Persönlichkeitsentwicklung nachhaltig fördert, und auch von einem regen Austausch in der Gruppe der Praktikanten:innen untereinander.

Ehemalige Praktikanten:innen der vergangenen Jahre sind froh, dass sie vor dem Start in das Berufsleben diese Auslandserfahrungen machen konnten. Natürlich ist im Ausland nicht alles perfekt, aber Dinge können auch in der Ukraine schiefgehen.

Was erwartet die ukrainischen Praktikanten:innen in den nächsten Monaten?

  • Abwechslungsreiche Tätigkeiten auf unterschiedlich organisierten Betrieben
  • Ein attraktives und interessantes Arbeitsumfeld
  • Einblicke in die Welt eines familiengeführten Betriebes
  • Neue soziale Kontakte (Leben in einer Gastfamilie, Umgang mit Kundinnen und

Kunden sowie Kolleginnen und Kollegen)

  • Kennenlernen von Kommunikationssystemen und Arbeitsabläufen auf den Betrieben

Was bringt das Praktikum den Studierenden?

  • Sie erhalten einen Einblick in einen möglichen zukünftigen Beruf
  • Sie finden ihre eigenen Stärken heraus
  • Sie entdecken ihre Interessen/Neigungen
  • Sie bekommen wichtige Entscheidungshilfen für ihre spätere Berufswahl.

Fachlich wird Ihnen eine Menge im Umgang mit Tieren, und dem Umgang mit Technik, darunter immer mehr High-Tech, geboten. In Abhängigkeit von der Betriebsorganisation des Praktikumsbetriebes erhalten Sie unter anderem Einblicke in die Bereiche/Arbeitsfelder wie

  • die Tierhaltung und Tierzucht (Rind, Schwein, Geflügel)
  • den Acker- und Pflanzenbau
  • die Grünlandbewirtschaftung
  • betriebliche Abläufe und wirtschaftliche Zusammenhänge
  • die einfache Wartung und Pflege von Maschinen und anderer Technik
  • Dienstleistungen rund um die Direktvermarktung und
  • die Biogasproduktion.

Aber auch Themen wie Nachhaltigkeit, Tierwohl, Ernährung und ökologische Landwirtschaft gehören zu den Inhalten des Praktikums. Außerdem lernen die Praktikanten:innen zu improvisieren, Verantwortung für die eigene Arbeit zu übernehmen  und dass der Arbeitstag auch mal länger als acht Stunden dauern kann. Die praktische Ausbildung in der Landwirtschaft in Deutschland ist hoch angesehen.

Die heutigen Praktikanten:innen werden die Gestalter der zukünftigen Landwirtschaft und der angegliederten Bereiche in der Ukraine sein. Eine Herkulesaufgabe kommt auf diese junge Generation zu, denn eines Tages müssen die Folgen des Krieges auch in der Landwirtschaft beseitigt werden. Der Wirtschaftssektor Landwirtschaft hat in zweierlei Hinsicht eine große gesellschaftliche Relevanz. Neben der elementaren Aufgabe die Sicherung der Ernährung und damit die Lebensgrundlage der Menschen in der Ukraine zu gewährleisten, werden auch ukrainische Lebensmittel dringend in großen Teilen der Welt gebraucht. Von daher tragen die Landwirte:innen der Ukraine eine große gesellschaftliche und ökologische Verantwortung. Umso wichtiger ist eine gute Ausbildung der Fach- und Leitungskräfte in der Landwirtschaft.

 

 

Hans Georg Hassenpflug

Leiter des Projektes FABU