Mein Name ist Ihor Liudvik. Ich bin 18 Jahre alt und wohne im Dorf Kryzhi, Bereich Kremenetz, im Oblast Ternopil. Ich studiere im 3. Ausbildungsjahr Landtechnik am Agrarcollege in Myrohoschanskyy. Ich träume von einem Aufenthalt im Ausland. Deshalb habe ich mich für den Praktikantenaustausch des Projekts FABU mit Betrieben in Deutschland beworben. Aufgrund der positiven Ergebnisse meiner Bewerbung wurde ich für die Teilnahme am Praktikantenprogramm ausgewählt.
Vom Trauma zum Traum – Gedanken des Praktikanten Ihor Liudvik
14. Juli 2020 Ihor Liudvik wird in Kiew positiv auf den Coronavirus getestet. Für ihn bricht eine Welt zusammen. Er ist am Boden zerstört. Seine Praktikumskollegen und -kolleginnen sind schockiert und frustriert. Monate langes Vorbereiten auf das Praktikum in Deutschland – umsonst? Riesen Aufwand, um die notwendigen Dokumente zu bekommen – alles für die Katz? Besuch eines zusätzlichen Deutschkurses in der Freizeit, um sich später in der neuen Umgebung zurechtzufinden – wofür?.
Was haben die Kumpels aus dem letzten Praktikantenaustauschjahr nicht alles erzählt. Tolle Geschichten, nette Gastfamilien und viele einmalige Erlebnisse und Eindrücke. Was hatte ich mir nicht alles vorgenommen und jetzt das! Gedanken der Verzweiflung. Ist das bei der Untersuchung wirklich alles mit rechten Dingen zugegangen? Ich fühle mich doch gesund!
Hilft alles nichts, das Laborergebnis lässt sich nicht wegdiskutieren und die medizinische Freigabe für die Ausreise bekomme ich ja auch nicht. – einfach nur Sch…!
In mir rumort es: Ich habe für mich und meine Praktikumskollegen und –kolleginnen alles vermasselt:
Nur ein Gedanke: Bloß schnell weg aus Kiew.
Während die negativ getesteten Praktikumskollegen und -kolleginnen nach einem 2. negativen Test zehn Tage später am 24. Juli 2020 nach Deutschland reisen dürfen – erwarten mich zwei Wochen Quarantäne zu Hause im Dorf Kryzhi. Emotional ein richtiger Tiefschlag und großer Frust. Beides baut sich zu Hause nur langsam ab. Und immer wieder beschäftigt mich die Frage: Warum musste mir das passieren?
Ein erster positiver Lichtblick: Der Corona-Test vom 31. Juli 2020, eine Woche nach dem positiven Ergebnis vom 24. Juli 2020, ist negativ. Geht da vielleicht doch noch etwas? Bekomme ich vielleicht doch noch eine zweite Chance? Fragen über Fragen.
Der zweite Corona-Test am 02. August 2020 ist ebenfalls negativ. Unbeantwortet immer noch die bange Frage: Haben Projekt, betreuende Gesellschaft und Betrieb ein Einsehen mit mir und lassen mich doch noch nach Deutschland nachreisen? Dann die erlösende Nachricht: Ich darf fahren, wenn ein dritter Test unmittelbar vor dem Flug auch negativ ist.
6. August 2020, das lang ersehnte negative Testergebnis trifft ein. Jetzt gibt es kein Halten mehr. Ich muss erstmal tief durchatmen und dann überkommt mich nur noch große Erleichterung und überschwängliche Freude.
7. August 2020 – ein Traum geht in Erfüllung. Ich fliege von Kiew nach Memmingen zu meinen Gasteltern.
Danke! Danke! Danke!
Über seine besondere Situation habe ich in Abstimmung mit Ihor Liudvik und dem FABU-Team diesen Beitrag für unsere Homepage verfasst.
Hans Georg Hassenpflug – Projektleiter FABU