Liebe Partner, Mitstreiter und Freunde des Projektes FABU,

in Zeiten der Covid-19-Pandemie ist alles anders. Dies gilt auch für das am 01. September gestartete neue Collegeschuljahr. Trotz steigender Infektionszahlen durch das Covid-19 hat das neue Collegeschuljahr begonnen – mit gemischten Gefühlen und viel Diskussionen in puncto Maskenpflicht, Abstandsregeln und weiterer Sicherheitsmaßnahmen. Für alle Beteiligten wird der Präsenzunterricht ein Balanceakt zwischen Bildungsauftrag und Gesundheitsschutz, sodass Homeschooling weiterhin ein wichtiger Bestandteil des Schulalltags bleiben wird. Dabei sehnen sich alle – Studierenden, Eltern und Dozierenden – nach einem normalen Unterricht.

In Deutschland ermittelte Zahlen zu den Folgen von Covid-19 bei Kindern und Jugendlichen sind alarmierend: 71 Prozent der Jugendlichen fühlen sich durch Covid-19 belastet. Ihre Sorgen und psychischen Auffälligkeiten wie Gereiztheit und Schlafstörungen sind gestiegen. Sie bedauern, dass es häufiger Streit in der Familie gibt als vor Covid-19. Ein Großteil hat Probleme den schulischen Alltag zu Hause zu bewältigen. Die gewohnte Tagesstruktur und ihre Freunde fehlen ihnen sehr. Viele Eltern beklagen, dass die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Homeschooling sehr schwierig ist.

Die Rückkehr zu einem Regelbetrieb in den Colleges ist daher aus sozialen, gesundheitlichen und pädagogischen Gründen wichtig. Neben der Wissensvermittlung ist der persönliche Kontakt der Dozentinnen und Dozenten mit den Studentinnen und Studenten für die Lernmotivation und den Lernerfolg förderlich. Das kann kein reiner Distanzunterricht leisten.

Taktgeber für den Regelbetrieb wird damit weiterhin das Coronageschehen bleiben. Das bedeutet für die Colleges: Umsichtiges Verhalten von allen in puncto Präventionsmaßnahmen wie zum Beispiel Hygiene- und Abstandsregeln ist absolut wichtig.

Seit dem Schuljahr 2019/2020 ist ein viermonatiges technologisches Praktikum        (= Betriebspraktikum) im 6. Studiensemester für die Collegestudierenden ein in das Curriculum integrierter Pflichtbestandteil ihrer Ausbildung. Dieses Praktikum ist für viele Studentinnen und Studenten das Tor in die Berufswelt und bedeutet für sie, das erste Mal Praxisluft zu schnuppern. Gleichzeitig ist das Praktikum die perfekte Chance, um herauszufinden, was einem liegt und welche Tätigkeit Spaß macht und als erfüllend wahrgenommen wird.

Das Einhalten von Abstandsregeln ist hier kein Thema. Ob bei Arbeiten auf dem Feld oder bei Arbeiten im Stall, Abstände von 1,50 m zu anderen Personen sind fast überall ohne Probleme einzuhalten. Ein gutes Praktikum ist ein guter Einstieg ins Berufsleben. Für einen optimalen Verlauf des Praktikums will das Projekt FABU die Collegestudierenden mit Hilfe von Informationsmaterial vorbereiten.

Dem Team FABU ist wichtig, dass die Studierenden den Mehrwert dieses Praktikums erkennen und gut vorbereitet an diese Erfahrung gehen können. Auch für die Betriebe bringt das Praktikum einen Mehrwert. Ein Praktikum ist der erste Kontakt zwischen der potenziellen Praktikantin / dem potenziellen Praktikanten und dem Betrieb. Es gilt, die Studierenden durch das Praktikum für den Betrieb und den Beruf zu begeistern, denn die Nachwuchsgewinnung beginnt nicht erst mit der Stellenausschreibung für eine Arbeitskraft. Das Praktikum nimmt daher eine ganz wichtige Stellung für die Gewinnung des Berufsnachwuchses ein.

Wer mit jungen Menschen einen Praktikumsvertrag abschließt übernimmt auch Pflichten. So soll beispielsweise im Praktikum die berufliche Handlungsfähigkeit vermittelt werden. Das bedeutet Arbeitsabläufe sinnvoll und verständlich zu erklären und zu vermitteln, wie Entscheidungen getroffen werden. Des Weiteren geht es um Sorgfalt und um die Verantwortung für das eigene Handeln. Man muss lernen sich mit Kritik abzufinden, logisch zu argumentieren und dabei auch noch sachlich und höflich zu bleiben. Und ja, man muss auch lernen, unangenehme Situationen auszuhalten. So wie die landwirtschaftlichen Berufe systemrelevant für die Gesellschaft sind, sind es Auszubildende für die Landwirtschaft.

Der Übergang von der Schule in Ausbildung und Arbeit ist für junge Menschen ein bedeutender Schritt. Sie sollen in einen Beruf finden, der ihren Neigungen, Interessen und Fähigkeiten entspricht, der ausreichendes Einkommen sichert und die Vereinbarkeit mit der eigenen Lebensplanung ermöglicht.

Das Konzept des Projektes FABU (UKR 17-01) sieht vor diesem Hintergrund vor, die Agrar-Colleges bei der Umsetzung des neukonzipierten und vom ukrainischen Bildungsministerium am 01. Juni 2019 (Schreiben Nummer 3/302-19) offiziell bestätigten technologischen Praktikums (= Betriebspraktikum) zu unterstützen.

Gegenwärtig haben die Agrarbetriebe in der Ukraine als potentielle Anbieter von Praktikumsplätzen wenig oder keine Erfahrungen mit der professionellen Organisation und Durchführung von Betriebspraktikas. Die Aufgaben im Praktikum sind oft fachfremd und die Praktikanten werden als Arbeitskräfte für einfachste Aufgaben (z.B. kehren, putzen, aufräumen) gesehen und nicht ausgebildet. Vor diesem Hintergrund gibt es bei den landwirtschaftlichen Betrieben bzw. Agrarunternehmen nur geringe Vorstellungen wie man ein 4-monatiges Betriebspraktikum zielgerichtet und für beide Seiten sinnvoll organisieren kann.

Um die Wissensdefizite an dieser Stelle zu verringern ist die Erarbeitung eines Leitfadens für das Betriebspraktikum durch die internationale Kurzzeitexpertin Frau Sabine Baum aus der Abteilung Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Forsten des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz in Brandenburg vorgesehen.

Der Leitfaden wird unter anderem Informationen zu folgenden Themenfeldern enthalten:

  • Vorwort für alle
  • Ein Wort an den Betrieb und die Betreuenden
  • Ein Wort an die Praktikantinnen/Praktikanten
  • Vorbereitende und begleitende Maßnahmen zum Praktikum durch die Colleges (Festlegung Betreuende, Einführung Arbeitsschutzmaßnahmen etc.)
  • Praktikumsvoraussetzungen des Betriebs (Eignungsvoraussetzungen Praktikumsbetrieb)
  • Praktikumsvoraussetzungen Betreuende (Aufgaben und Verantwortungsbereiche der am Praktikum beteiligten Personen)
  • Pflichtlerninhalte Pflanzenbau
  • Pflichtlerninhalte Tierproduktion
  • Pflichtlerninhalte Ökonomie/Unternehmensführung/Mitarbeiterführung
  • Wahlpflicht-Lerninhalte (Auswahl)
  • Checklisten für den Betrieb
  • Vordruck Arbeitsplan
  • Vorschläge für Arbeitsnachweise – online in einem Forum, analog als Praktikumsbericht mit vorgegebenem Thema, Videoberichterstattung …)

Ein Praktikum ermöglicht intensive Lebens- und Lernerfahrungen und erweitert den Horizont. Es ist eine Investition in die persönliche und berufliche Zukunft.

Auf der Homepage von NMCVFPO (AGROOSVITA) sind unter der Link https://nmc-vfpo.com/bazy-praktyk-agrarnyh-tehnikumiv-i-koledzhiv/ mögliche Praktikumsbe-triebe in der Ukraine gelistet.

Landluft schnuppern – mach ein Praktikum nach dem Motto „Probieren geht über Studieren“.

 

Hans Georg Hassenpflug, Leiter des Projektes FABU