Liebe Partner, Mitstreiter und Freunde des Projektes FABU,

im März 2020 hat sich das Leben für uns alle drastisch verändert. Bestimmt waren auch Sie gezwungen, alte Gewohnheiten schlagartig über Bord zu werfen. Sie können stolz auf sich sein. Das was Sie geleistet haben und das, was Sie vielleicht immer noch wegstecken müssen, ist nicht unbedeutend. Kreativität und Flexibilität waren und sind weiterhin ganz wichtige Tugenden. Behalten Sie sich trotz aller Erschwernisse die Fähigkeit an das Positive zu glauben. Heute möchten wir Ihnen in unserer Corona-Infothek die ersten Entwürfe der EU-Kommission zur zukünftigen „Gemeinsamen Agrarpolitik“ vorstellen und aufzeigen welche Auswirkungen diese auf  die berufliche Bildung in der Landwirtschaft in  Deutschland haben werden.

„Green Deal“ – der Vorhang ist gefallen

Letzte Woche hat die EU-Kommission erste Entwürfe ihrer Zukunftspläne zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vorgestellt. Brüssel möchte bis zum Jahr 2030 die Gemeinsame Agrarpolitik grundlegend umbauen und prognostiziert der Landwirtschaft dadurch nachhaltig einen großen Nutzen. (siehe Anhang, Übersicht 1)

Kernelemente des sogenannten „Green Deal“ (des „Grünen Geschäfts“) sollen die sogenannte „Farm-to-Fork“-Strategie und die „Biodiversitätsstrategie“ sein.

Während die Farm-to-Fork-Strategie die gesamte Lebensmittelkette von der Entstehung (from farm – vom Hof) bis zum Verbraucher (to fork – zur Gabel bzw. Teller) einbezieht, geht es bei der Biodiversitätsstrategie vor allem um die biologische Vielfalt. Sie soll die Natur schützen und einen Beitrag zu deren Wiederherstellung leisten und so den Weg für einen globalen Rahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt auf unserem Planeten ebnen.

Beide Strategien sind eng miteinander verbunden. Dies wird inhaltlich in diversen Strategie-Eckpunkten deutlich. So gibt es beispielsweise Überschneidungen in den Zielen und bei den Maßnahmen. (siehe Anhang, Übersicht 2 und 3)

Außerdem sind beide Strategien wichtige Elemente des Konzeptes der Europäischen Union (EU), um bis zum Jahr 2050 das Ziel „Europa ist klimaneutral“ zu erreichen. Gleichzeitig sind es wichtige Bausteine für die Erreichung des hehren Zieles eines neuen Gleichgewichts zwischen Natur, Lebensmittelsystemen und biologischer Vielfalt, um dadurch die Gesundheit und das Wohlergehen der EU-BürgerInnen zu schützen. Vor diesem Hintergrund werden die beiden Strategien seitens der EU-Kommission auch als Kernelemente eines neuen Paktes zwischen Produzenten und Verbrauchern gesehen.

Ziele/Eckpunkte der Farm-to-Fork-Strategie:

  • Verringerung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes

Der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel in der EU soll gemäß der Farm-to-Fork-Strategie bis zum Jahr 2030 halbiert werden. Erreicht werden soll dies durch eine stärkere Förderung des integrierten Pflanzenschutzes. Gleichzeitig soll eine Steigerung der Nachhaltigkeit durch den Einsatz biologischer, physikalischer und anderer nicht chemischer Methoden sowie Wirkstoffe mit geringem Risiko erreicht werden.

  • Reduzierung des Düngemitteleinsatzes

Die „Farm-to-Fork“-Strategie sieht außerdem eine generelle Verringerung des Dünge-mitteleinsatzes  um mindestens 20 % vor. Mit dieser Maßnahme soll eine Reduzierung der Nährstoffverluste bei gleichbleibender Bodenfruchtbarkeit um mindestens 50 % erreicht werden. Ein wichtiges Instrument der Zielerreichung soll ein bislang nicht näher erläuterter Aktionsplan für ein integriertes Nähstoffmanagement bilden. Mit diesem soll der Einsatz von Düngemitteln reduziert, dem Nährstoffaustrag vorgebeugt und die Wiederverwendung von Nährstoffen aus unterschiedlichen organischen Abfällen als Düngemittel gefördert werden.

  • EU-weite Ausdehnung des Ökolandbaus

Der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche in der EU soll bis zum Jahr 2030 auf 25 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche erhöht werden. Die Steigerung des Ökoflächenanteils soll durch eine Stärkung der Nachfrage erreicht werden. Dazu sollen die Mitgliedsstaaten die Märkte für ökologische Erzeugnisse beleben und die Nachfrage nach Ökoprodukten gezielt ankurbeln. Zudem soll die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik – darunter die Eco-Schemes und der Aktionsplan für ökologische Landwirtschaft – einen Beitrag leisten.

  • Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung

Des Weiteren plant die EU-Kommission auch den Einsatz von antimikrobiellen Mitteln für Nutztiere und Aquakulturen bis zum Ende dieses Jahrzehnts, um die Hälfte zu reduzieren. Durch diese Maßnahme soll das Risiko, dass antimikrobielle Resistenzen entstehen, deutlich reduziert werden.

Last but not least umfasst die „Farm-to-Fork“-Strategie auch das Ziel, allen ländlichen Gebieten bis zum Jahr 2025 den Zugang zu schnellen Breitband-Internetverbindungen zu verschaffen. Dadurch sollen digitale Innovationen in der Lebensmittelproduktion ermöglicht werden.

Um besser gegen Krisen gewappnet zu sein, soll des Weiteren die Krisenreserve umgestaltet und ein sogenannter „Krisenreaktionsmechanismus“ eingeführt werden.

Die wirtschaftlichen Aspekte sind jedoch ein Knackpunkt der neuen EU-Strategien, da in dem vorgestellten Konzept Aussagen zur Finanzierung bislang gänzlich fehlen. Konkrete Angaben zur Zielsetzung hat die EU-Kommission ebenso wenig hinterlegt, wie präzise Maßnahmen zu deren Erreichung. So ist zum Beispiel völlig offen, auf der Basis welchen Referenzjahres die geforderten Einschränkungen für Pflanzenschutz, Düngung und Biodiversität berechnet werden sollen.

Eins ist aber offensichtlich, dass die Ziele und Maßnahmen im Rahmen der beiden Strategien eng mit der Umsetzung der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik verknüpft sein dürften und damit auch aus deren Finanztöpfen mitfinanziert werden sollen. So sind beispielsweise etwa im Rahmen der Eco-Schemes (Öko-Regelungen) ergebnis-orientierte Zahlungsregelungen vorgesehen.

Auswirkungen für die berufliche Ausbildung

Die Geschwindigkeit der politischen und digitalen Transformation im Sektor Land-wirtschaft ist beeindruckend und erreicht mit dem „Green Deal“ eine neue Dimension. Sie verändert die Arbeits- und Lebensbereiche in der Landwirtschaft.

Sicher ist: Neue Rahmenbedingungen in der landwirtschaftlichen Produktion und Arbeitswelt erfordern eine Anpassung der Ausbildungsinhalte und gegebenenfalls auch neue Ausbildungsangebote. Es gilt, bewährte Lehr- und Lerninhalte mit neuen/innovativen Vorgaben/Bausteinen nachhaltig zu verbinden.

Neue gesetzliche Vorgaben und Rahmenbedingungen der Produktion erfordern von den in der Landwirtschaft tätigen Personen neue Kenntnisse und Qualifikationen, die im bisherigen Ausbildungssystem nicht ausreichend vermittelt wurden. Die neuen Themenfelder betreffen unterschiedliche Bereiche:

  • Inhaltlich/fachlich: Die Folgen der Neuausrichtung der gemeinsamen Agrarpolitik für die berufliche Ausbildung sind enorm. Um in der landwirtschaftlichen Ausbildung den skizzierten neuen Rahmenbedingungen gerecht zu werden, sind Lehrpläne, Curricula und Ausbildungsinhalte zum Erlernen neuer Kenntnisse und Fertigkeiten zu überarbeiten und den neuen Vorgaben/Entwicklungen anzupassen. Dies betrifft u. a. die Bereiche Düngung, Pflanzenschutz, Betriebsführung und Digitalisierung. Insbesondere mit neuen Technologien im Zuge der Digitalisierung gehen veränderte und/oder erweiterte Kompetenzanforderungen einher, die in die berufliche Aus-, Fort- und Weiterbildung Eingang finden müssen.
  • Pädagogisch/didaktisch: Nachhaltiges berufliches Handeln ist immer stärker durch offene und unsichere Situationen gekennzeichnet, in denen es keine eindeutige Zuordnung von richtig oder falsch gibt. Um zielgerichtet handeln zu können, sind deshalb häufig Entscheidungen auf der Grundlage von Abwägungsprozessen notwendig, d. h. neben der beruflichen Handlungsfähigkeit ist zunehmend auch „Gestaltungskompetenz“ gefordert und muss in den Bildungsprozess aufgenommen werden.

Die systemische Integration der oben genannten Entwicklungen in die Berufsbildung, entsprechende neue curriculare Konzepte, innovative und ganzheitliche Lehr-/Lernarrangements sowie Konzepte zur Förderung von Nachhaltigkeit in der betrieblichen Bildung bilden damit zukünftig grundlegende Elemente für eine nachhaltige berufliche Bildung.

Dies alles ist mittlerweile auch vor dem Hintergrund zunehmender grenzüber-schreitender Aktivitäten landwirtschaftlicher Unternehmen zu sehen. Die Konsequenzen, die sich daraus für die in der Landwirtschaft Beschäftigten ergeben, sind offensichtlich. So spielt die Mobilität von Arbeitnehmern eine viel größere Rolle und eröffnet ihrerseits neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt sowie bessere Verdienstmöglichkeiten. Andererseits erfordern interessantere Aufgaben und eine größere Mobilität neue Qualifikationen u. a. in den Bereichen interkultureller und persönlich-sozialer Kompetenzen.

Dies alles zeigt, dass die berufliche Bildung vor großen Herausforderungen steht und dass die Geschwindigkeit der Veränderungen eine schnellere Gangart der Anpassung erfordert.

 

Zum Schluss ein kleines Gedicht zum Nachdenken und aufmuntern:

Angst und Schrecken mach‘n sich breit

weltweit ist Corona-Zeit.

Abstand halten, Einschränkungen beachten,

das Leben aus anderen Perspektiven betrachten.

Zeit ist gegeben ohne Ende,

besinnen auf Werte und helfende Hände.

Sich Gedanken machen über das, was richtig,

„herunterkommen“ das ist wichtig!

Entschleunigung ist angesagt –

Das macht man mit, auch ungefragt.

Ein Ruck geht durch das ganze Land,

steck den Kopf nicht in den Sand.

Die FABU-Gemeinschaft ist nicht zu erleben,

wir vermissen sie eben.

Doch sind im Herzen wir ganz nah,

WIR sind füreinander da.

Machen wir das Beste daraus,

bleiben alle jetzt halt einfach zu Haus.

Genießen den Frühling, die herrliche Natur,

bleiben trotzdem aber in der Spur.

Sich Zeit nehmen, still verschnaufen,

weniger unterwegs und weniger kaufen.

Schwelgen in Erinnerungen, die glücklich machen,

helfen einander und lachen,

nicht resignieren

und schon gar nicht kapitulieren.

So hat das Ganze einen Sinn,

wird für uns alle ein Gewinn.

Herausforderung, die Veränderung bringt,

mit Hoffnung und Mut die Zukunft gelingt.

So gehen wir durch diese Zeit

und alles wird gut – weit und breit!

 

Bleiben Sie gesund und versuchen Sie, weiterhin positiv zu denken.

 

Hans Georg Hassenpflug

Projektleiter FABU

 

Farm to Fork Strategie – Übersicht